„Wir können uns gar nicht vorstellen, wie die Leute damals im Mittelalter gerochen haben!“
Diesen Satz kann man so oder so ähnlich regelmäßig lesen oder hören, wo immer es um’s Mittelalter geht.
Natürlich soll dieser Ausspruch die Vorstellung vom „dreckigen Mittelalter“ ausdrücken, in dem sich die Menschen höchstens ein Paar mal im Jahr wuschen, auf den Straßen durch eine knöcheltiefe Kloake waten mussten und alles und jeder mit einer fingerdicken Schicht Unrat bedeckt war.
Wir haben schon mehrfach davon gesprochen, warum dieses Bild pseudohistorischer Blödsinn ist und die Menschen des Mittelalters im Gegenteil einen ausgesprochen hohen Wert auf Sauberkeit, Hygiene und guten Geruch legten.
Hier etwa:
https://inforo1300.wordpress.com/2017/05/10/sauberkeit-im-mittelalter/
Aber ich möchte die obenstehende Aussage auch einfach mal ganz direkt beantworten:
Doch.
Doch, wir können uns ziemlich gut vorstellen, wonach die Menschen und ihre Umgebung im Mittelalter gerochen haben:
Nach Rauch.
In einer Welt, in der die meisten Häuser mit offenen Feuerstellen geheizt wurden, in der auf offenem Feuer gekocht wurde und in der viele Handwerke offenes Feuer verwendeten, war der Geruch nach Rauch wahrscheinlich allgegenwärtig.
Wer schon einmal längere Zeit in Wollkleidung in einem Raum mit einem offenen Feuer darin verbracht hat, weiß, wie hartnäckig Rauchgeruch sich in der Kleidung (und in den eigenen Haaren und selbst auf der Haut) festsetzt.
Einmal Waschen reicht da nicht…
Es hat einen Grund, warum eine rauchfrei über einen Kachelofen beheizbare Stube ein sehr gefragtes „Feature“ für ein Haus war.
Es wird wohl kaum im Ansatz so schlimm gewesen sein, wie die Rauchbelastung in den Städten der Industrialisierung (der berühmte „Londoner Nebel“ des Victorianischen Zeitalters war ja nichts anderes als der Rauch und Kohlestaub aus den Schornsteinen der Fabriken), aber dennoch:
Wenn mich jemand nach dem dominierenden Geruch einer mittelalterlichen Siedlung fragen würde, wäre meine Antwort: Rauch.
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